Ein
vergessenes Buch: Büyük Islam Kadinalari
von Prinzessin Kadriye Hüseyin
Das
vergessene Buch Büyük Islam Kadinalari der
ägyptisch-osmanischen Prinzessin Kadriye Hüseyin (1888-1955), das 1913 in osmanischer
Sprache veröffentlicht und dann ins Türkische und Arabische übersetzt wurde, handelt
von bedeutenden Musliminnen in der Geschichte.
Wie
nach ihr die türkische Feministin und Islamwissenschaftlerin Bahriye Üçok (1919-1990)
in ihrem Werk Islâm Devletinde Kadin Hükümdarlar (1965) und
die marokkanische Soziologin und Feministin Fatima Mernissi (* 1940) in Die Sultanin Die Macht der Frauen in der Welt
des Islam (1990) greift Prinzessin Kadriye
Hüseyin das weibliche Potential in der muslimischen Geschichte auf, obwohl sie nicht wie
Üçok und Mernissi nur auf die politische Herrschaft fokussiert.
Kurz
einige Informationen zur Biografie der 1888 in Kairo geborenen Prinzessin, Tochter von
Melek Turhan und Hüseyin Kamil Pasa.
Sie lebte zwischen Istanbul und Kairo. 1921 heiratete sie in Istanbul. Aus ihrer Ehe
gingen zwei Kinder hervor. Sie lebte im Palast, Huber
Köskü,
in dem sich heute die Schule Notre-Dame de Sion befindet, der das große Gebäude von der
Prinzessin vermachtet wurde. 1930 zog sie nach Kairo zurück. Ihre Familie herrschte bis
1952, dem Jahr der Revolution der Generäle um Gamal Abdel Nasser. Während der Revolution
wurde Kadriye Hüseyin verhaftet und ins Exil verbannt. 1955 kehrte sie nach Kairo zurück
und starb dort im selben Jahr.
Sie
schrieb verschiedene Bücher und übersetzte das Drama des polnischen Autors Leopold Le Grand Soir von 1907 ins Türkische. 1911
verfasste sie das moralisch-didaktische Werk Mehasin-i
Hayat. 1913 erschien Nelerim. Temevvücat-i
Efkar folgte das meiner Meinung nach als Hauptwerk geltende zweibändige Werk über
die bedeutenden Musliminnen in der Geschichte. Lettres
dAngora La Sainte erschien 1921 in Rom und berichtet von ihren Eindrücken aus
dem 1. Weltkrieg.
In
Büyük
Islam Kadinalari verfolgt Prinzessin Kadriye Hüseyin das Ziel, in einer Zeit der
Krise den Muslimen zu zeigen, wie glorreich ihre Vergangenheit war und wie wichtig Frauen
in der religiösen, gesellschaftlichen und politischen Gestaltung waren. Sie beschwert
sich u.a. über die Vielzahl der muslimischen Bücher, die zu ihrer Zeit in den
europäischen Bibliotheken liegen. Daher besteht ihr wesentlicher Beitrag darin, die
bedeutenden Frauen der Vergangenheit uns heute als Beispiel vorzuzeigen. Sie weist auch
darauf hin, wie es sich hierbei um den Anfang einer feministischen Bewusstseinsbildung im
Islam handelt. Sie wünscht sich in ihrem Vorwort, dass wir muslimische Frauen heute nach
ihr dieses großartige Projekt beenden und den Frauen wieder zu ihrer wahren Stellung in
den muslimischen Gesellschaften verhelfen.
Die
ersten zwei Frauen, über die Prinzessin Kadriye Hüsyein berichtet, sind bewusst aus den
Kreisen der ersten Musliminnen gewählt, die den Islam mit dem Propheten (sas)
mitgestalteten, und zwar seine Ehefrauen Khadija und Aischa. Es folgt die Schwester von
Harun ar-Raschid Abbasa (765-803). Die vierte ist die ägyptische Sultanin Schajarat
ad-Durr, die als bedeutende weibliche Herrscherin in die Geschichte und Literatur einging
und während der Kreuzzüge am Übergang zwischen Ayyubiden und Mamluken regierte.
Im
zweiten Band präsentiert uns die Autorin Fatima al-Zahra, die Tochter des Propheten (sas)
und Frau des rechtgeleiteten Kalifen Ali (ra), die ihrer Meinung nach in den sunnitischen
Geschichtsbüchern nicht ihre gebührende Stellung erhielt. Es folgen die Mystikerin Rabia
al-Adawiyya, die als Frau und Gläubige die Liebesmystik des Islam gestaltete und die
vorislamische Dichterin Khansa, die für ihre Elegien bekannt war und sich 629 zum Islam
bekehrte. Daraufhin werden Zubaidah
bint Ja`far ibn Mansur,
eine der Ehefrauen des Kalifen Abu
Ja'far Harun
al-Rashid, die politisch mitwirkte, und die Herrscherin Sabiha von Cordoba präsentiert.
Dr. phil. Milena Rampoldi
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