Kann man jeden Muslim als Mu'min bezeichnen?

Frage:

Wenn man die Leute in der Türkei, die den islamischen Scheria ablehnen, nach ihrer Religion fragt, so sagen sie daß sie Muslime sind. Diese Menschen behaupten auch, daß sie an Allah und an die Auferstehung glauben. Kann man diese Menschen als Mu'min bezeichnen? (...) Ist es richtig, daß in der Türkei 99 % der Bevölkerung Muslime sind? Bei einer Sitzung hat ein Bruder die Sura AL-HUDSCHURÃT - 14 vorgelesen und hat gesagt, daß Islam und Iman nicht das gleiche sind. (...) Haben die Wörter 'Iman' und 'Islam' oder Muslim und Mu'min verschiedene Bedeutungen? Kann man jeden Muslim als Mu'min bezeichnen? (Rahmi A. aus Istanbul)

Antwort: 1

Zunächst möchte ich auf ein Aspekt eingehen. Einige Menschen können behaupten gute Muslime zu sein, obwohl sie die Gebote Allah's (c.c.) nicht mit ganzen Herzen akzeptieren. Sie können sogar sagen, daß sie an 'Allah und an die Auferstehung' glauben. Das wäre nichts neues. Denn im Koran steht : "Unter den Leuten sind solche, die sagen : «Wir glauben an Allah und an den Jüngsten Tag», und sind gar nicht Gläubige." (Al-Baqara : 8), somit werden solche Menschen nicht als Muslime bezeichnet. Die Munafiq's, (Heuchler, Scheinheiliger), die die Gebote Allah's (c.c.) nicht einhalten, werden im Jenseits als Qafir (Verleumder, Gottloser) bestraft. Jedoch werden sie, wegen der mündlichen Aussage Muslim zu sein auf der Erde von den Gläubigen wie ein Muslim behandelt. Imam Sehristani sagt: "Das Wort Islam wird für Mu'min und Munnafiq gleichermaßen benutzt." 2 In einem Hadith sagt unser Prophet Muhammed (friede sei mit ihm) : "Ich bin beauftragt worden, mit der ganzen Menschheit mich auseinander zusetzen bis sie den Satz: " Es gibt kein Gott außer Allah, und Muhammed ist sein Gesandter." sagen. Wer jetzt sagt, es gibt kein Gott außer Allah (Lâ illahe illallah), der ist gerettet. Es gibt nur eine Bedingung, er muss es mit seinem Herzen sagen, denn wenn jemand nur mit seiner Zunge das sagt, obwohl er mit seinem Herzen nicht daran glaubt, wird er von Allah (c.c.) zu Rechenschaft gezogen." 3 Imam-i Muhammed (R.A.) hat dieses Hadith so kommentiert: „Jemand, der im Gegensatz zum Polytheismus sich mit Worten zum Monotheismus bekennt wird im Islam als Mitglied gesehen. Denn keiner außer Allah (c.c.) weis, ob jemand wirklich sich für den Islam bekannt hat. Wir können nur beurteilen, was wir von einem gehört und gesehen haben." 4 Nach dieser Einführung, können wir zu ihrer Frage kommen, ob 'Iman' und 'Islam' oder 'Muslim' und 'Mu'min' verschiedene Bedeutungen haben. Imam-i Maturidi hat in seinem Werk „Kitabu't Tevhid" folgende Aussage getroffen: „Für uns ist 'Islam' und 'Iman' ein und dieselbe Aussage, obwohl sie in dem Wörterbuch verschiedene Bedeutungen haben." 5 Hz. Abdullah bin Ömer (R.A.) hat gehört, daß unser Prophet (S.A.V) gesagt hat: „Der Islam hat fünf Säulen. Es sind die folgenden: „Es gibt kein Gott außer Allah. Hz. Muhammed (S.A.V.) ist sein Gesandter.(Bekenntnis zum Islam); das fünfmalige Gebet; Almosen verteilen (Die Zekât-Steuer); die Pilgerfahrt nach Mekka und Medina (der Hadsch) und das Fasten im Monat Ramadan." 6 Wenn man hier beachtet, wird das Glaubensbekenntnis (Schahada' , also Iman) als Islam bezeichnet. Nureddin Es-Sabuni sagt zu diesem Thema: „Die Wörter 'Iman' (der Glaube) und 'Islam' haben für uns Sunniten die gleiche Bedeutung. Doch für die nicht sunnitischen Gelehrten haben sie zwei verschiedene Stellenwerte. Die Anschauung der Sunniten ist folgende: 'Iman' ist das Bekenntnis dafür , was der mächtige und große Allah (c.c.) befiehlt und verbietet einzuhalten. Doch 'Islam' ist die Hingabe an die Macht Allah's (c.c) und das geschieht nur, wenn man Seine Befehle und Verbote einhält. Deswegen kann man 'Iman' und 'Islam' nicht voneindander wegdenken." 7 Die Aufgabe des 'Iman' ist, diejenigen Anweisungen mit dem Herzen zu glauben, was Fardh (Pflicht) ist. Somit ist es schwer, auch in der Türkei, jemanden einzuschätzen wie er zum Glauben steht.

AKIT, 24.06.1997

Fußnoten:

1 Von Yusuf Kerimoglu, Fikhgelehrter

2 Imam-i Sehristani, El Mile'l Ve'n Nihal, Beirut, 1395, Bd. 1, S. 40

3 Imam-i Suyuti, Mütevatir Hadisler, Ankara, 1992, S. 30, und Sahih-i Muslim, Istanbul, 1401, Bd 1, S. 51 - 52

4 Imam-i Muhammed, Siyer-i Kebir, Istanbul, 1980, Evs Verlag, Bd 1, S.163

5 Imam-i Maturidi, Kitabu't Tevhid, Beirut,, 1970, S.394

6 Ahmed bin Hanbel, Müsned, Istanbul, 1401, Bd 2, S. 26, 93, 120 ; außerdem: Sahih-i Buchari, K. Iman: 1, 3; Sünen-i Nesai, K. iman: 13

7 Nureddin Es-Sabuni, Maturidiyye Akadi, Ankara, 1978, S, 184