Palästina: Durchsichtige Verzögerungstaktik

Bushs Rechnung für das Pulverfass Nahost geht nicht auf. Von Mallik Özgan

Die amerikanische Politik im Nahen Osten ist relativ einfach zu durchschauen. In der arabischen Welt ist niemand darüber erstaunt, dass Israel seine Offensive in den Palästinensergebieten auch nach dem zweiten «Machtwort» von US-Präsident George W. Bush fortsetzt. Denn in diesem Teil der Welt ist vom Staatschef bis zum einfachen Mann auf der Straße fast jeder überzeugt, dass Bush die Ankunft von Außenminister in Colin Powell in Israel bewusst verzögert hat, um den israelischen Soldaten Zeit zu geben, auch noch den Rest der Autonomiegebiete zu besetzen und möglicherweise auch Palästinenserpräsident Jassir Arafat «loszuwerden». Hierzu passt auch das bedeutsame Schweiegn des deutschen Außenminister Fischer.

Eine regierungsnahe Kairoer Tageszeitung veröffentlichte am Sonntag eine Karikatur, die Powell zeigt, wie er sich die Augen zuhält. «Bist Du jetzt fertig?», fragt er den israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon, der die Leichen junger Palästinenser mit einem Bagger vor sich her schiebt. «Noch nicht ganz», gibt dieser lachend zur Antwort. Überschrieben ist die Zeichnung mit den Worten: «Powell reist ENDE DER WOCHE in die
Region».

Die amerikanische Taktik war der Versuch eine Revolte der Araber zu unterbinden. «Die Tatsache, dass Israel die Anweisung aus Washington bisher nicht befolgt und (seine Truppen) nicht zurückgezogen hat, zeigt, dass alles, was die amerikanischen Verantwortlichen sagen, nur darauf abzielt, die Wut in der arabischen Welt zu bremsen», kommentiert die Zeitung «Al-Watan» aus Katar am Sonntag. Wenn US-Präsident George W.
Bush mit seinen jüngsten Äußerungen zur Lage in den Palästinensergebieten tatsächlich die Eskalation der anti-amerikanischen Gefühle in den arabischen Staaten stoppen wollte, so ist ihm dies nicht gelungen. Vielleicht sind den Mächtigen in Washington diese Gefühle aber auch egal.


Der ägyptische Parlamentspräsident Fathi Surur warnte die USA am Wochenende bei einem Treffen arabischer Parlamentarier in Kairo davor, die «Hassgefühle» der Menschen zu unterschätzen. Diese Gefühle könnten auch die Pläne für Amerikas «Kampagne gegen den Terrorismus» und einen Regimewechsel im Irak ernsthaft gefährden.

Nach einem Bericht der «Washington Post» sollen die USA wegen des in Saudi-Arabien wachsenden Unmuts über die US-Militärpräsenz und Washingtons Irak-Pläne bereits über eine Verlegung von Soldaten nach Kuwait, Bahrein, Oman und in die Vereinigten Arabischen Emirate nachdenken. Doch ob sie dort willkommener sein werden, als in Saudi-Arabien, wo am Wochenende trotz eines strengen Demonstrationsverbots 5000 aufgebrachte Männer zum US-Konsulat in Dhahran marschierten, ist fraglich.

Denn auch im Sultanat Oman verbrennen anti-israelische Demonstranten inzwischen amerikanische Flaggen. In Manama, der Hauptstadt von Bahrein, landeten bei einem pro-palästinensischen Protestzug am Wochenende sogar Molotowcocktails auf dem Gelände der
amerikanischen Botschaft.Auch der Versuch der US-Regierung, Palästinenserpräsident Jassir
Arafat politisch aufs Abstellgleis zu schieben, kommt bei den Arabern nicht gut an. Im Gegenteil: Je mehr Israel und die USA versuchen, Arafat loszuwerden, desto mehr machen sie ihn zum Helden und zu einer Identifikationsfigur für alle Araber. So blieb auch den
Außenministern der Arabischen Liga bei ihrer Sondersitzung am Samstag in Kairo kaum etwas anderes übrig, als sich geschlossen hinter den in Ramallah eingesperrten PLO-Vorsitzenden zu stellen. Sie betonten, kein anderer Palästinenser oder Araber habe das Recht, an Stelle Arafats mit Powell zu sprechen.

Quelle: Islamische Zeitung

@ Ekrem Yolcu

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